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Artenreiche Ökosysteme sind produktiver als artenarme

Wissenschaftler publizieren neue Belege in „Nature“

Nummer 005/2016 vom 14. Januar 2016
Artenreiche Ökosysteme sind wesentlich gesünder und produktiver als artenarme. Das hat eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern nun mit einer Analyse der komplexen Daten weltweiter Grasland-Ökosysteme herausgefunden. Die Studie entstand unter Beteiligung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ), des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Sie wurde in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift "Nature" veröffentlicht. Es ist die bislang umfassendste Studie, die diesen Effekt in natürlichen Ökosystemen zeigt.

Die biologische Vielfalt und die Produktivität der Ökosysteme sind wichtig für das Wohlergehen der Menschen, gleichzeitig aber auch stark durch menschliche Aktivitäten beeinflusst. Die Beziehung zwischen der biologischen Vielfalt und der Produktivität ist eine in der Ökologie heftig diskutierte Frage mit zahlreichen, zum Teil oft widersprüchlichen Theorien. Biodiversität wird als entscheidend für die Stabilität der natürlichen Ökosysteme angesehen und damit für Ökosystemleistungen, wie Sauerstoffproduktion, Bodenbildung oder Wasserreinigung. Viele Bemühungen von Naturschutzbehörden auf der ganzen Welt beruhen auf dieser Hypothese. Bisher war diese Annahme aber nur theoretisch erwiesen. Den praktischen Beweis, anhand von Daten aus der realen Welt, blieben die Wissenschaftler über ein halbes Jahrhundert schuldig.

Um sich dieser Frage anzunehmen, verwendete das Forscherteam Daten aus dem globalen Nährstoff-Netzwerk Nutrient Network (NutNet) von fünf Kontinenten. Das Netzwerk wird von der University of Minnesota koordiniert und untersucht natürliche Wiesen- und Weiden-Ökosysteme an mehr als 70 Standorten weltweit. In Deutschland sind Untersuchungsflächen bei Papenburg (Niedersachsen), Jena (Thüringen) und Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt) Teil des Netzwerks. Für die Studie wertete das Team Daten von 1126 Flächen auf 39 Wiesen und Weiden aus. Durch neue Möglichkeiten der Analyse war die Gruppe in der Lage, die Biodiversitätseffekte von anderen Effekten trennen zu können - einschließlich von Prozessen, die die Biodiversität reduzieren. "Diese Studie zeigt, dass es keine nachhaltigen, produktiven Ökosysteme gibt, ohne dass die biologische Vielfalt in der Landschaft erhalten wird", sagt Studienleiter Prof. Dr. James Grace vom Geologischen Dienst der USA (USGS).

Ein wichtiges Ergebnis dieser Arbeit ist, dass sich eine größere Pflanzenvielfalt positiv auf die Biomasseproduktion auswirkt. Diesen Effekt auch in natürlichen, unveränderten Ökosystemen nachzuweisen, war jedoch bis jetzt eine Herausforderung. "Beeindruckend ist, dass das neue Strukturgleichungsmodell mehr als 60 Prozent der Variationen des Pflanzenartenreichtums in den natürlichen Ökosystemen erklären kann. Darüber hinaus können damit jetzt auch wesentliche Umweltfaktoren unterschieden werden, die wichtige Auswirkungen für das Verständnis der Vielfalts- und Produktivitätsmuster im globalen Maßstab haben", betont Prof. Dr. Stanley Harpole vom UFZ, iDiv und der MLU. Er ist einer der Gründer des Nährstoff-Netzwerks NutNet.

Die Forscher fanden auch starke und unabhängige Einflüsse des Weltklimas und der Böden auf den Artenreichtum und die Produktivität. Wenn der Klimawandel zu einer reduzierten Zahl an Arten oder genetischer Vielfalt führt, dann könnte dies dazu beitragen, dass die Ökosysteme zusätzliche Belastungen künftig schlechter verkraften als bisher.

Mit Hilfe der Studie lassen sich künftig die Mechanismen erforschen, die es verschiedenen Arten erlauben, nebeneinander zu bestehen und die die für den Menschen lebensnotwendigen Ökosystemleistungen ermöglichen. Eine weitere Botschaft der Studie ist: Nur durch den Einsatz theoriebasierter, multi-variabler Modellierungsansätze wird es möglich, die komplexen Wechselwirkungen der Folgen des globalen Wandels besser vorherzusagen.

Zur Publikation:
James B. Grace, T. Michael Anderson, Eric W. Seabloom, Elizabeth T. Borer, Peter B. Adler, W. Stanley Harpole, Yann Hautier, Helmut Hillebrand, Eric M. Lind, Meelis Pärtel, Jonathan D. Bakker, Yvonne M. Buckley, Michael J. Crawley, Ellen I. Damschen, Kendi F. Davies, Philip A. Fay, Jennifer Firn, Daniel S. Gruner, Andy Hector, Johannes M. H. Knops, Andrew S. MacDougall, Brett A. Melbourne, John W. Morgan, John L. Orrock, Suzanne M. Prober & Melinda D. Smith (2016): Integrative modelling reveals mechanisms linking productivity and plant species richness. Nature (14 Jan 2016). doi:10.1038/nature16524

Die Studie wurde gefördert vom US Geological Survey (USGS), der National Science Foundation (NSF) (Research Coordination Network (NSF-DEB-1042132) & Long Term Ecological Research (NSF-DEB-1234162 to Cedar Creek LTER) programs) sowie dem UMN Institute on the Environment (DG-0001-13).

 

 

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