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Psychologen aus Halle und Zürich entwerfen Onlineprogramme, um Menschen zufriedener zu machen

Nummer 019/2016 vom 16. Februar 2016
Menschen sind zufriedener, wenn sie die schönen Dinge in ihrer Umgebung bewusster wahrnehmen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von Psychologen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Universität Zürich. Die Forscher haben ein Verfahren entwickelt, bei dem die Testpersonen für eine Woche täglich Beobachtungen aus ihrem Alltag aufschreiben sollten, die sie schön finden. Das Ergebnis: Die Zufriedenheit der Teilnehmer steigt, depressive Gefühle werden schwächer. Die Effekte halten bis zu einem Monat nach dem Test an. Die Studie wurde in der internationalen Fachzeitschrift "Personality and Individual Differences" veröffentlicht.

Insgesamt haben 113 Menschen an der Studie teilgenommen. Dazu mussten sie sich zunächst auf einer Website registrieren und einen Fragebogen ausfüllen, wie zufrieden sie im Moment mit ihrem Leben sind. Im Anschluss erhielten die Teilnehmer dann eine Aufgabe, die sie täglich ausführen sollten: "Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten am Abend jeweils neun Situationen oder Dinge aus ihrem Tag aufschreiben, die sie schön fanden", erklärt PD Dr. René Proyer vom Institut für Psychologie an der MLU. "Es gibt dabei keine Regel, was schön ist. Das kann subjektiv ganz unterschiedlich sein: zum Beispiel ein gutes Buch, ein schöner Mensch, die Natur oder auch ein leckeres Essen", so Proyer weiter. Welche Beobachtungen die Teilnehmer dabei aufgeschrieben haben, haben die Forscher nicht erhoben.

Nach sieben Tagen war die Aufgabe beendet. Die Teilnehmer sollten wieder einen Fragebogen ausfüllen, um ihre Zufriedenheit einschätzen zu lassen. Die Wissenschaftler befragten die Teilnehmer im Anschluss noch einmal nach einem, drei und nach sechs Monaten. Dadurch wollten sie herausfinden, ob die kurze Maßnahme auch mittel- bzw. langfristige Auswirkungen hat. Das Ergebnis: Im Durchschnitt stieg die Zufriedenheit der Teilnehmer nach der Übung leicht an. Depressive Gefühle traten weniger stark auf. Der Effekt war bis zu einem Monat lang nachweisbar. "Es ist erstaunlich, dass wir die Effekte einer so kleinen und kurzen Übung bis zu einem Monat danach messen konnten", so der Psychologe. Nach drei bzw. sechs Monaten haben die Psychologen dann aber keine Effekte mehr feststellen können.

Gleichzeitig habe die Studie auch gezeigt, dass die Methode nicht für alle Teilnehmer gleich gut funktioniert. "Je nach Persönlichkeit ist der Erfolg der Intervention unterschiedlich ausgefallen", sagt Proyer. Die Übung ließe sich aber modifizieren: So könnte man statt Schönheit auch Humor beobachten lassen und die Effekte davon messen. Insgesamt schätzt der Psychologe das Ergebnis der Studie positiv ein: "Hier stehen der zeitliche Aufwand und der subjektive Nutzen in einem guten Verhältnis für den Menschen." Einen Ersatz für klassische Therapieverfahren, zum Beispiel bei Depressionen, sieht Proyer darin aber nicht. Das Verfahren könne als Ergänzung eingesetzt werden. Gleichzeitig sei es vor allem eine Möglichkeit für Menschen, ihr Wohlbefinden im Allgemeinen zu verbessern.

Die Studie baut auf den Überlegungen der so genannten Positiven Psychologie auf. Dabei handelt es sich um eine relativ junge Strömung in der Psychologie, die sich in den letzten 15 Jahren entwickelt hat. Anders als bei traditionellen Therapiemethoden sollen hier nicht negative Eigenschaften, wie eine Depression oder Angststörung, korrigiert werden. Stattdessen entwickeln Psychologen einfache Übungen, mit denen die persönliche Zufriedenheit eines Menschen verbessert werden soll.

Zur Publikation:
René T. Proyer, Fabian Gander, Sara Wellenzohn, Willibald Ruch, Nine beautiful things: A self-administered online positive psychology intervention on the beauty in nature, arts, and behaviors increases happiness and ameliorates depressive symptoms, Personality and Individual Differences, Volume 94, May 2016 doi:10.1016/j.paid.2016.01.028.

Website des Programms:
http://www.staerkentraining.ch

 

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