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Überall die gleichen Arten - Intensive Landwirtschaft macht Landschaften monotoner

„Nature“-Studie belegt Vereinheitlichung der Artengemeinschaften

Nummer 133/2016 vom 01. Dezember 2016
Wo Menschen die Bewirtschaftung von Wiesen und Weiden intensivieren, nimmt nicht nur die Artenvielfalt ab, sondern auch die Landschaft wird eintöniger, und schließlich bleiben überall die gleichen Arten übrig. Diese großflächige Homogenisierung hat ein Forscherteam in einer groß angelegten Studie nachgewiesen, die in der international renommierten Fachzeitschrift "Nature" veröffentlicht wurde. Die Wissenschaftler haben sich 150 Wiesen und Weiden in Deutschland angesehen und dabei mehr als 4.000 Tier-, Pflanzen- und Mikroben-Arten untersucht. Unter den Autoren sind auch sechs mitteldeutsche Biodiversitätsforscher aus Halle und Leipzig.

Wenig bewirtschaftete Wiesen sind artenreiche Lebensräume, in denen eine Vielzahl an Pflanzen und Tieren lebt. Auf Wiesen, die vom Menschen intensiv genutzt werden, ist die Artenvielfalt jedoch deutlich geringer. Gründe sind vor allem, dass dem Boden durch Düngen sehr viele Nährstoffe zugesetzt werden sowie das häufige Mähen, wodurch viele Pflanzen und Tiere verdrängt werden. Dass eine intensive Landnutzung die Artenvielfalt an Ort und Stelle verringert, ist bekannt. Die neuen Ergebnisse zeigen aber, dass der lokale Artenverlust einen viel weitreichenderen Effekt nach sich zieht, da auch die Biodiversität über große Landschaftsgebiete hinweg, die sogenannte Beta-Diversität, abnimmt.

"Überraschend war, dass der Effekt der Homogenisierung der Artengemeinschaften nicht etwa erst bei sehr intensiver, sondern bereits bei moderater Bewirtschaftung auftrat", erklärt Dr. Oliver Purschke, von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig. Er ist einer der Studienautoren. "Eine weitere Intensivierung hatte dann keinen starken Effekt mehr. Der Zusammenhang zwischen Nutzungsintensität und Angleichung der Artgemeinschaften ist also nicht-linear", so der Wissenschaftler. Zu dieser Erkenntnis gelangten die Forscher mittels einer komplexen Analyse, bei der sie eine erst kürzlich entwickelte statistische Methode anwandten.

"Das Besondere an der Studie ist, dass wir viele verschiedene Organismen mit einbezogen haben, sowohl ober- als auch unterirdisch lebende", sagt Dr. Tesfaye Wubet, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und ein Mitglied von iDiv. "Auf diese Weise konnten wir alle Ebenen des Wiesen-Nahrungsnetzes abbilden." Im oberirdischen Teil des Ökosystems Wiese spielen zum Beispiel Pflanzen, Insekten und Vögel eine wichtige Rolle, unter der Erde Bakterien, Pilze, Tausendfüßler und so genannte Mykorrhiza-Pilze, die in Symbiose mit Pflanzenwurzeln leben.

Der große Datensatz stammt aus den "Biodiversitäts-Exploratorien". In diesem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt werden in drei Regionen in Deutschland Studien zum Zusammenhang zwischen Biodiversität und Landnutzung durchgeführt. Es handelt sich um einen der umfassendsten ökologischen Freilandversuche in Europa.

Einer der Initiatoren der "Biodiversitäts-Exploratorien" ist Prof. Dr. François Buscot vom UFZ, der gleichzeitig einer der vier Direktoren von iDiv ist. Der Experte für Bodenlebewesen war von einem Ergebnis der Auswertung besonders überrascht: "Dass bei einer Intensivierung der Bewirtschaftung die Vielfalt der Pflanzenarten im Grasland zurückgeht, war zu erwarten. Nicht erwartet hätten wir aber, dass parallel dazu die Vielfalt der Bodenmikroorganismen steigt." Dies sei nicht etwa eine gute Nachricht, erläutert der Wissenschaftler. Denn der Befund würde auf eine Abkopplung der ober- und unterirdischen Artengemeinschaften hinweisen. "Dies bedeutet, dass das gesamte Ökosystem schon durch eine leichte Intensivierung der Nutzung schnell an Mechanismen zur Selbstregulation verliert", so Buscot. Die Studienergebnisse machen somit deutlich, wie wichtig es ist, extensiv bewirtschaftete Graslandschaften zu erhalten und zu schützen.

Biodiversitäts-Exploratorien:

Die Versuchsflächen, deren Daten in die Studie einflossen, liegen im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin (Brandenburg), dem Biospährengebiet Schwäbische Alb (Baden-Württemberg) sowie im Gebiet Hainich-Dün (Thüringen), das teilweise ein Nationalpark ist. Alle drei Regionen unterscheiden sich in Klima, Geologie sowie Topografie, werden aber von Landwirten in einer für Europa typischen Weise bewirtschaftet. Das Projekt "Biodiversitäts-Exploratorien" wird von der (DFG) im Rahme eines Infrastruktur-Schwerpunktes gefördert (DFG Priority Programme 1374 "Biodiversity Exploratories"). Weitere Informationen finden Sie auf folgender Webseite: http://www.biodiversity-exploratories.de/startseite/

Zur Publikation:
Gossner MM, Lewinsohn T, Kahl T, Grassein F, Boch S, Prati D, Birkhofer K, Renner SC, Sikorski J, Wubet T, Arndt H, Baumgartner V, Blaser S, Blüthgen N, Börschig C, Buscot F, Diekötter T, Ré Jorge L, Jung K, Keyel AC, Klein AM, Klemmer S, Krauss J, Lange M, Müller J, Overmann J, Pašali? E, Penone C, Perovi? D, Purschke O, Schall P, Socher SA, Sonnemann I, Tschapka M, Tscharntke T, Türke M, Venter PC, Weiner CN, Werner M, Wolters V, Wurst S, Westphal C, Fischer M, Weisser WW, Allan E (2016) Land-use intensification causes multitrophic homogenisation of grassland communities. Nature. DOI: 10.1038/nature20575

 

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