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Neues Projekt: Adoption und Inzest nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs

Gemeinsame Presseinformation der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Ruhr-Universität Bochum

Nummer 133/2018 vom 10. Oktober 2018
Mit prekären Verwandtschaftsverhältnissen nach dem Ende des Nationalsozialismus beschäftigt sich ein neues Forschungsprojekt an der Ruhr-Universität Bochum und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert es von September 2018 an für drei Jahre mit insgesamt 403.000 Euro. Die Historikerinnen und Historiker untersuchen, wie Adoption und Inzest nach 1945 gesellschaftlich und politisch wahrgenommen wurden und wie sich das Bild der Verwandtschaftsverhältnisse im Lauf der Zeit wandelte. Das Projekt leiten der Bochumer Forscher Prof. Dr. Constantin Goschler und Prof. Dr. Till Kössler von der MLU.

Verwandtschaft dient als grundlegende gesellschaftliche Kategorie dazu, Beziehungen zwischen Menschen zu ordnen. Welche Verhältnisse als akzeptabel und inakzeptabel gelten, änderte sich im Lauf der Zeit. 

"Neues Wissen über die Vererbung, Entwicklungen in der medizinischen Reproduktionstechnologie oder eine veränderte Geschlechterordnung haben die Verwandtschaftsverhältnisse im 20. Jahrhundert zum Gegenstand gesellschaftlicher Debatten gemacht", sagt Constantin Goschler, Professor für Zeitgeschichte in Bochum. Formen von Verwandtschaft, in denen soziale und biologische Verwandtschaftsverhältnisse nicht deckungsgleich waren, erschienen auf neue Weise als prekär. Wissenschaftliche, politische und gesellschaftliche Auseinandersetzungen zielten teils darauf ab, die als akzeptabel geltenden Verwandtschaftsverhältnisse zu erneuern, teils aber auch darauf, sie zu bewahren.

Die zwei Teilstudien des Forschungsprojektes beschäftigen sich mit Adoption und Inzest in Westdeutschland, welche als prekäre Verwandtschaftsverhältnisse galten. Adoption wird dabei als Begründung eines Eltern-Kind-Verhältnisses ohne biologisches Abstammungsverhältnis definiert. Der Begriff Inzest bezieht sich dagegen auf sexuelle Beziehungen zwischen biologisch Verwandten. Doch weder war die Adoption frei von biologischen Argumenten, noch war Inzest stets einheitlich biologisch definiert, sondern auch ein kulturelles Phänomen.

"Nach dem Ende des Nationalsozialismus, nach dem Massensterben und den sozialen Umwälzungen wurde die Bestimmung von Verwandtschaft auf neue und vielfältige Weise zu einem gesellschaftlichen Problem", erklärt Prof. Dr. Till Kössler von der MLU. Das Projektteam möchte herausarbeiten, wie sich die Entwürfe von Verwandtschaft und das Familienleben im Lauf der Zeit wandelten und was politisch und im Privatleben als normal galt.

Die Studie zur Geschichte der Adoption bearbeitet Pia Eiringhaus an der Professur für Sozialgeschichte des Aufwachsens und der Erziehung an der Universität Halle. Die Studie zur Geschichte des Inzests bearbeitet Julia Reus an der Professur für Zeitgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum.

 

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