Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Dr. Sonja Schierbaum
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Hochrangige Förderung: Emmy Noether-Nachwuchsgruppe stärkt Aufklärungsforschung an der Uni Halle

Nummer 028/2019 vom 28. Februar 2019
Die Grundlagen des moralischen Handelns in der Zeit der Aufklärung stehen im Zentrum eines neuen hochdotierten Forschungsprojekts an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Die Philosophin Dr. Sonja Schierbaum wechselt im März an die MLU und etabliert eine Emmy Noether-Nachwuchsgruppe. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt für sechs Jahre mit bis zu einer Million Euro.

Die Emmy Noether-Nachwuchsgruppe widmet sich den praktischen Gründen, die Menschen zum Handeln motivieren oder sogar verpflichten. "In der Regel verstehen wir uns als Personen, die moralisch handeln können. Die Frage dabei ist, warum wir das eigentlich tun sollten", beschreibt Dr. Sonja Schierbaum ihr Forschungsthema. Im 17. und 18. Jahrhundert habe es auf diese Frage eine relativ einfache Antwort gegeben: Gott. "Man war verpflichtet, moralisch zu handeln, um nicht gegen Gottes Willen zu verstoßen", sagt Schierbaum. Schon damals befassten sich Philosophen aber auch mit der Frage, wie sich Handeln ohne den göttlichen Willen begründen lässt. Bislang seien speziell die Vertreter der Aufklärung vor Immanuel Kant zu wenig berücksichtigt worden, sagt die Wissenschaftlerin. Einer von Kants Vorgängern war Christian Wolff, Professor und später Kanzler an der Universität Halle. Für Wolff war das Prinzip des richtigen Handelns nicht in Gottes Willen, sondern in der menschlichen Natur begründet. Diese Auffassung brachte ihm damals die Kritik der einflussreichen Pietisten ein. Unter ihnen sei der Leipziger Theologe Christian August Crusius der bekannteste und scharfsinnigste gewesen, so die Forscherin.

Schierbaums Nachwuchsgruppe wird diese Debatten aus historischer Sicht analysieren und sie auch darauf überprüfen, inwieweit sich die Überlegungen von damals in zeitgenössische Problemfälle einbringen lassen. "Ein Beispiel dafür sind die Menschenrechte, die nicht nur juristisch verbrieft, sondern nach Auffassung vieler auch moralisch begründet sein sollten", so Schierbaum. Mit der DFG-Förderung wird die Forscherin nicht nur ihre eigene Arbeit zu dem Thema weiter vorantreiben, sondern auch mehrere Doktoranden anleiten und betreuen. "Die traditionsreiche Universität Halle mit ihrem Schwerpunkt in der Philosophiegeschichte ist der optimale Ort für meine Forschung", sagt Schierbaum über ihre neue Arbeitsstelle. An der MLU ist auch das Interdisziplinäre Zentrum für die Erforschung der europäischen Aufklärung IZEA angesiedelt.

Schierbaum, Jahrgang 1977, hat an der Universität Hamburg Philosophie, Ethnologie und Kunstgeschichte studiert. 2012 wurde sie dort mit einer Arbeit über Wilhelm von Ockhams Konzept einer Mentalsprache promoviert. Danach war Schierbaum für zwei Jahre als Post-Doktorandin an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig. Bis zuletzt forschte sie im Rahmen eines DFG-Projekts an der Uni Hamburg zur Frage der Vereinbarkeit von Rationalität und Freiheit von Handlungen bei Gottfried Wilhelm Leibniz und Crusius.

Das Emmy Noether-Programm der DFG richtet sich an herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in einer frühen Karrierephase. Durch die eigenverantwortliche Leitung einer Nachwuchsgruppe sollen sie sich über einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren für die Laufbahn als Professorin oder Professor qualifizieren. Benannt ist das Programm nach der deutschen Mathematikerin Emmy Noether, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts als eine der ersten Frauen grundlegende Arbeiten zur mathematischen Physik durchführte.

 

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