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Verbraucherrechte: Wie die Nutzer von Sharing-Plattformen besser geschützt werden können

Nummer 035/2019 vom 14. März 2019
Auf Sharing-Plattformen und Online-Marktplätzen, wie eBay, Airbnb oder Blablacar, können Privatpersonen Leistungen unkompliziert austauschen. Doch an wen kann sich ein Nutzer wenden, wenn Probleme auftreten? Und welche Rechte hat er, wenn er einen Schaden geltend machen will? Solche Informationen sind häufig nicht klar angegeben. Juristen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) haben mehr als 60 Sharing-Plattformen auf rechtliche Schutzlücken für die Nutzer untersucht. Sie haben Vorschläge entwickelt, wie ihre Situation verbessert werden kann und wie Probleme vor Gericht effektiver gelöst werden können.

Auf Märkten sind die Rollen zwischen Privatpersonen und Unternehmen klar verteilt: Ein Kunde erwirbt eine Leistung von einem gewerblichen Anbieter. Viele Internet-Plattformen, wie eBay oder Airbnb, ermöglichen es aber vor allem privaten Nutzern, Leistungen anzubieten. "Das ist ein Phänomen, was in der Gesetzgebung noch nicht beachtet wird", sagt Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich, Inhaberin des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht und Handelsrecht an der MLU. Durch den Wandel der klassischen Rollen von Verbrauchern und gewerblichen Anbietern hin zu "Prosumern" in der Sharing Economy kommt es zwischen den verschiedenen Akteuren häufig zu rechtlichen Unsicherheiten und Konflikten. In dem Forschungsprojekt "Das Recht der Verbraucher und Prosumer in der kollaborativen Wirtschaft - Chancen und Verantwortung" haben die Juristen rechtliche Schutzlücken für die Nutzer solcher Plattformen untersucht und Lösungsvorschläge entwickelt.

Wenn ein Nutzer zum Beispiel eine Unterkunft mietet und sie nicht so vorfindet, wie sie im Internet präsentiert wird, kann er seine Rechte gegenüber dem Vertragspartner geltend machen. Oft ist jedoch auf den Plattformen nicht klar erkennbar, ob er den Vertrag mit dem Anbieter oder mit dem Plattformbetreiber geschlossen hat und wohin er sich mit seinem Problem wenden kann. "Einerseits pochen viele Plattformen auf die Vermittlerrolle und wollen keine rechtliche Verantwortung übernehmen. Andererseits nehmen sie in inhaltlicher Hinsicht aber sehr starken Einfluss auf die Anbieter", sagt Caroline Meller-Hannich. Konkret seien solche Probleme daran zu erkennen, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen rechtswidrig gestaltet sind oder die Plattformen nicht als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, wenn es zu Schwierigkeiten zwischen den Nutzern kommt.

Weiterhin sei ein Problem, dass für den Nutzer in vielen Fällen nicht erkennbar ist, ob es sich bei dem Anbieter auf der Plattform um eine Privatperson oder um einen gewerblichen Anbieter handelt. Das Widerrufsrecht etwa gelte nicht für Privatverkäufe, sondern nur für Unternehmer, die mit ihrem Angebot Gewinne erzielen wollen oder die Tätigkeit dauerhaft ausüben. Welche Rechte die Nutzer bei einem Vertragsabschluss haben, ist somit oft nicht eindeutig festgelegt. Auch länderübergreifend haben die Juristen rechtliche Schwierigkeiten erkannt: Einige Plattformen verwenden für mehrere Länder die gleichen Geschäftsbedingungen und passen sie nicht an das jeweils geltende Recht an.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben mehr als 60 Plattformen untersucht. Außerdem haben sie Interviews mit Vertretern aus Verbraucher- und Wirtschaftsverbänden, aus der Wissenschaft, aus Initiativen und Unternehmen sowie mit Nutzern der Plattformen geführt. "Die Plattformen sind die Einzigen, die die Algorithmen und Geschäftsverhältnisse genau kennen. Deshalb sehen wir sie in der Verantwortung, ihre Nutzer über die Vertragsbeziehungen und die Anbieter besser zu informieren", sagt Meller-Hannich. Die Plattformen sollten die Angaben der Anbieter zudem auf Plausibilität prüfen und anlassbezogen kontrollieren. "Wenn sie nach außen eine so beherrschende Funktion haben, dass man sie als Leistungsanbieter ansehen kann, sollten sie bei Problemen auch für Schadenersatz sorgen."

Ein Ergebnis der Juristen ist auch, dass für den "Prosumer" keine eigene rechtliche Kategorie neben den etablierten Kategorien Verbraucher und Unternehmer eingeführt werden sollte. "Die Sharing Economy hat sehr gute Seiten, die auf Nachhaltigkeit und Gemeinschaft zielen. Das wollen wir als Chance nicht zerstören, indem wir den Nutzern ein zu großes Pflichtenprogramm auferlegen", erklärt Meller-Hannich. Vielmehr sollten private Anbieter im Recht dadurch stärker sichtbar gemacht werden, dass sie im Verhältnis zur Plattform den Status des Verbrauchers besitzen und im Verhältnis zum Endkunden keine unternehmerischen Pflichten haben, so die Juristen. Zudem schlagen sie vor, für Konflikte zum Beispiel in Form eines Online-Verfahrens einen einfacheren Zugang zum Gericht zu schaffen. "Nach wie vor ist ein Gerichtsverfahren in Deutschland sehr aufwendig und kostenträchtig. Viele Probleme, die auf Sharing-Plattformen auftreten, werden bisher deshalb nur auf Kulanzbasis geregelt", sagt Meller-Hannich. "Auf europäischer Ebene gibt es schon ein Formularverfahren für kleinere Streitwerte. Daran könnte man sich orientieren." Da das Verbraucherrecht zum großen Teil auf europäischer Ebene geregelt ist, empfehlen die Juristen weiterhin, die Lösungen auf Ebene der Europäischen Union zu verwirklichen.

Das Projekt wurde im Rahmen eines Forschungsprogramms des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz mit 58.000 Euro gefördert. Geplant ist eine Buch- sowie eine Online-Publikation der Ergebnisse.

 

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