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Migration: Wer ist schutzbedürftig?

Nummer 041/2020 vom 08. April 2020
Ob Geflüchtete bleiben dürfen, hängt stark vom Aufnahmeland ab. Ein neues EU-Projekt, an dem die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) beteiligt ist, analysiert die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen für Migration in neun Staaten in Europa, Nordamerika, Afrika und dem Nahen Osten. Es trägt den Titel "Vulnerabilities under the Global Protection Regime: How Does the Law Assess, Address, Shape and Produce the Vulnerabilities of the Protection Seekers?" (VULNER) und wird vom Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung (MPI) in Halle geleitet. Gefördert wird es mit 3,2 Millionen Euro im Rahmen des EU-Programms "Horizon 2020" sowie vom kanadischen Forschungsrat SSHRC/CRSH.

Eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ist die ständig wachsende Zahl von Menschen, die gezwungen sind, aus ihrer Heimat zu fliehen. Die Statistiken des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen, UNHCR, zeichnen ein klares Bild: Ende 2018 gab es rund 70,8 Millionen Zwangsvertriebene. Fast die Hälfte davon waren Kinder. Die Folge sind immense soziale, wirtschaftliche und rechtliche Probleme. "Eine zentrale Aufgabe für die Aufnahmeländer ist daher die Entwicklung einer effizienten Migrationspolitik, die dazu führt, dass diejenigen wirksam geschützt werden können, die in Not sind", sagt Dr. Luc Leboeuf, Leiter des am MPI koordinierten VULNER-Projekts.

In den letzten Jahren haben die politischen und rechtlichen Entwicklungen auf EU- und globaler Ebene die Notwendigkeit verdeutlicht, schutzbedürftige Migranten, einschließlich unbegleiteter Minderjähriger und Opfer sexueller Gewalt, besser zu schützen. Aber wer ist schutzbedürftig und wer nicht? "Es gibt immer noch keine konkrete Definition des Begriffs oder ein gemeinsames Verständnis dafür, wie auf die unterschiedlichen Arten von Schutzbedürftigkeit reagiert werden soll", sagt Leboeuf. In den nächsten drei Jahren wird die Aufgabe der internationalen Projektpartner deshalb darin bestehen, diese Lücke zu schließen, indem sie wissenschaftliche Erkenntnisse vorlegen, die es ermöglichen, die Schutzbedürftigkeit von Migranten, die zugrunde liegenden Ursachen und die Folgen besser zu verstehen.

Die Rechtswissenschaftler, Anthropologen und Soziologen, die an VULNER beteiligt sind, untersuchen dafür, wie staatliche Akteure in Belgien, Deutschland, Italien, Norwegen, Kanada, Libanon, Uganda und Südafrika mit der Schutzbedürftigkeit von Migranten umgehen. Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Winfried Kluth von der Forschungsstelle Migrationsrecht (FoMig) der MLU leitet das Landesteilprojekt Deutschland. "Wir haben in Deutschland konkrete Unterschiede, etwa in Bezug auf die Gesundheitsversorgung", sagt er. In manchen Bundesländern werden Asylbewerber wie alle anderen gesetzlich Versicherten behandelt, in anderen bekommen sie nur eine Grundversorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Auch die Sicht auf Schutzbedürftigkeit sei unterschiedlich. Und nicht zuletzt hänge es vom jeweiligen Richter ab, ob jemand einen Schutzstatus zugesprochen bekommt, so der Jurist: "Es gibt einen großen Zufallsfaktor, je nachdem ob sie einen gnädigeren oder strengeren Richter haben." Anwälte würden von "Alphabetroulette" sprechen, weil es oft vom Nachnamen eines Antragstellers abhängt, welcher Richter den Fall bearbeitet. Das Ziel sei nun, die rechtlichen Grundlagen und deren Umsetzung für die verschiedenen Länder nach einheitlichen Kriterien zu vergleichen.

An dem Projekt VULNER sind neben der MLU und dem MPI die belgische KU Leuven - UCL, die italienische Universität Ca' Foscari, das Norwegische Institut für Sozialforschung, das Zentrum für Libanesische Studien, sowie in Kanada die Universität Ottawa, die McGill-Universität und die Universität York beteiligt.

 

Weitere Informationen auf der Projektseite: www.vulner.eu

Website der Forschungsstelle Migrationsrecht: kluth.jura.uni-halle.de/forschungsstelle_migrationsrecht

 

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