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Positive Lehrerin – leistungsstarke Klasse?
Dass Migrationshintergrund, Name und Bildungshintergrund der Eltern zu Vorurteilen gegenüber einzelnen Schülerinnen und Schülern führen, ist bekannt und durch Studien belegt. "Diese Vorurteile der Lehrkräfte wirken wie selbsterfüllende Prophezeiungen - wem nichts zugetraut wird, der schafft oft auch nichts", sagt Dr. Nancy Tandler vom Institut für Psychologie der MLU. Mit einer Kollegin vom Institut für Pädagogik wollte sie daher herausfinden, ob eine grundsätzlich positivere oder negativere Einstellung von Lehrerinnen auch Auswirkungen auf Erfolg oder Misserfolg einer ganzen Klasse hat.
Für die Studie wählten die Psychologinnen 43 Lehrerinnen für Mathematik und Deutsch von fünften Klassen in 22 Schulen aus, die ihre Schülerinnen und Schüler erst seit kurzem kannten. Männliche Lehrer seien ausgeschlossen worden, weil sie in den Schulen unterrepräsentiert waren und zudem laut Studien Schülerinnen allgemein schlechter bewerten als Lehrerinnen, so Tandler. Die Lehrerinnen sollten spontan drei zufällig ausgewählte Schülerinnen oder Schüler aus ihrer Klasse in einem kurzen Text beschreiben. Zusammen mit einer nicht an der Befragung beteiligten Lehrerin wertete Tandler anschließend aus, wie viele negative und positive Beschreibungen die Lehrerinnen nutzten. Anschließend befragte sie alle Schülerinnen und Schüler der jeweiligen Klasse zu ihrer letzten Note, ihrer Motivation im Unterricht, ihrer Beziehung zu der Lehrerin und ihrer Angst, in der Schule zu versagen. Die Befragung der Schülerinnen und Schüler wurde nach vier Monaten wiederholt.
"Was mich am meisten überrascht hat, war, dass nur die Zahl der negativen Einstellungen der Lehrerinnen Einfluss auf die Motivation der Klasse hatten", sagt Tandler. Die Schülerinnen und Schüler hatten dann weniger Interesse am Lernstoff. Gleichzeitige positive Einstellungen der Lehrerinnen konnten die Motivation hingegen nicht verändern. Auch die Angst, in der Schule zu versagen, erhöhte sich bei negativ eingestellten Lehrerinnen. Die Leistung hingegen verbesserte sich, je mehr positive Attribute eine Lehrerin für ihre Schülerinnen und Schüler fand. Das liege jedoch nicht daran, dass diese Lehrerinnen generell bessere Noten vergaben, so Tandler. "Wir haben ausgewertet, ob sich die Noten von der ersten zur zweiten Befragung verbessert haben. Der Effekt kommt also nicht daher, dass positiv eingestellte Lehrerinnen von Anfang an besser benoten."
Interessant sei außerdem, dass in manchen Schulen überwiegend negative Beschreibungen auftraten und die Auswirkungen auf Motivation und Versagensängste sich entsprechend auf Ebene der gesamten Schule zeigten. "Das Klima der Schule wirkt sich offenbar entscheidend auf die Einstellung der Lehrerinnen aus", so Tandler. Der Einfluss besonders positiver Lehrerinnen war hingegen innerhalb einer Schule zu sehen - die Leistung ihrer Klassen war besser als die anderer Klassen derselben Schule.
"Lehrkräfte sollten sich dieser Effekte bewusst sein", sagt die Psychologin. Sie könnten beispielsweise in Schulungen oder bereits im Studium dafür sensibilisiert werden. "Aber auch für Schulen verdeutlichen die Befunde noch einmal die Chancen, die ein weniger negativ getöntes Schulklima bieten kann." Negative Gedanken könnten eine Folge von Erschöpfung sein, vermutet Tandler. Und natürlich erklären die Ergebnisse nur einen Teil der Unterschiede verschiedener Klassen und Schulen. "Es gibt viele weitere Faktoren", so Tandler. Etwa der sozioökonomische Hintergrund der Schülerinnen und Schüler, Leistungsdruck im Elternhaus, vorherige Erfahrungen oder schlicht ihre Persönlichkeit.
Über die Studie: Tandler N., Dalbert C. Always look on the bright side of students: does valence of teacher perceptions relate to students’ educational performance? Social Psychology of Education (2020). doi: 10.1007/s11218-020-09573-z