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Fortschritt für CRISPR/Cas: Forschende schalten viele Pflanzen-Gene auf einmal aus
Die Vererbung von Eigenschaften ist bei Pflanzen selten so einfach und geradlinig wie von Gregor Mendel beschrieben. Der Mönch, der im 19. Jahrhundert mit seinen Versuchen zur Vererbung an Erbsen die Grundlagen der Genetik legte, hatte Glück: "Bei den von Mendel untersuchten Eigenschaften galt zufällig die Regel: Nur ein Gen bestimmt eine konkrete Eigenschaft, zum Beispiel die Farbe der Erbsen", sagt der Pflanzengenetiker Dr. Johannes Stuttmann vom Institut für Biologie der MLU. In vielen Fällen sei es aber deutlich komplizierter, so der Forscher: Oft sind es verschiedene Gene, die im Zusammenspiel in bestimmten Eigenschaften resultieren oder teilweise redundant zueinander sind, also dieselbe Eigenschaft zur Folge haben. Wird nur eins dieser Gene ausgeschaltet, sind die Folgen bei den Pflanzen nicht zu sehen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der MLU und des IPB haben nun eine Möglichkeit entwickelt, dieses komplexe Phänomen gezielter zu untersuchen. Dafür verbesserten sie die Gen-Schere CRISPR/Cas9, mit der sich die DNA von Organismen an bestimmten Stellen schneiden lässt. Grundlage hierfür war die Arbeit des Biologen Dr. Sylvestre Marillonnet, der am IPB einen optimierten Baustein für das CRISPR/Cas9-System entwickelte. "Mit Hilfe dieses Bausteins wird in den Pflanzen deutlich mehr von dem Cas9-Enzym gebildet, das als Schere für das Erbgut fungiert", sagt Stuttmann. Zusätzlich wurden bis zu 24 verschiedene sogenannte Guide-RNAs hinzugefügt, die das Scheren-Enzym an die gewünschten Stellen im Erbgut führen. Experimente an der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) und der wilden Tabakpflanze Nicotiana benthamiana zeigten, dass der Ansatz funktioniert: In den Tabakpflanzen konnten bis zu acht Gene, in der Ackerschmalwand in Einzelfällen sogar bis zu zwölf Gene gleichzeitig ausgeschaltet werden. Das sei ein großer Fortschritt, sagt Stuttmann: "Meines Wissens nach ist unsere Gruppe die erste, die so viele Zielgene auf einen Schlag erfolgreich ansprechen konnte. Damit lässt sich die Redundanz von Genen womöglich überkommen", so der Biologe.
Bislang waren die Möglichkeiten, solche Mehrfachmutationen zu erzeugen, deutlich aufwändiger: Die Pflanzen mussten mit jeweils einer einzelnen Mutation schrittweise gezüchtet und dann miteinander gekreuzt werden. "Das ist nicht nur zeitaufwändig, sondern auch nicht in allen Fällen möglich", sagt Stuttmann. Der neue, an der MLU und am IPB entwickelte Ansatz kompensiert diese Nachteile und stellt womöglich eine effizientere Methode für die Forschung dar: Künftig können so auch zufällige Kombinationen mehrere Gene ausprobiert werden, um Redundanzen aufzuzeigen. Erst bei auffälligen Veränderungen müsste dann gezielt das Erbgut der neuen Pflanzen analysiert werden.
Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Studie: Stuttmann J. et al. Highly efficient multiplex editing: One-shot generation of 8x Nicotiana benthamiana and 12x Arabidopsis mutants. The Plant Journal (2021). Doi: 10.1111/tpj.15197