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Sexualität von Menschen mit geistiger Behinderung – Tagung an der Universität Halle
"Die Themen Sexualität, sexuelle Selbstbestimmung und sexuelle Gewalt unter Menschen mit geistiger Behinderung werden häufig verschwiegen oder als Tabu behandelt. Eine systematische und disziplinenübergreifende Diskussion hierzu hat bisher nicht stattgefunden", sagt der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Hans Lilie von der MLU, der die Tagung gemeinsam mit Prof. Dr. Barbara Schellhammer von der Hochschule für Philosophie München und Dr. Karolin Kuhn vom Christlichen Sozialwerk Dresden organisiert. Diese Lücke sei bedenklich, da die körperlich-sexuelle Entwicklung bei Menschen mit geistiger Behinderung in der Regel nicht eingeschränkt ist. Das wiederum stelle ihr familiäres und professionelles Umfeld vor große Herausforderungen: "Neben einer offenen Debatte fehlt es an etablierten Konzepten, wie mit dem Bedürfnis nach Sexualität und sexueller Selbstbestimmung umzugehen ist. In der beruflichen und akademischen Ausbildung von Fachpersonal spielt das Thema bisher keine große Rolle", so Lilie weiter. Auch rechtlich gebe es viele ungeklärte Fragen: Die Beteiligten sind oftmals schuldunfähig, sodass gängige Rechtsbegriffe wie Täter und Opfer nicht zum Tragen kommen. "Vom Rechtssystem ist in Konfliktfällen bislang wenig Unterstützung zu erwarten. Und das, obwohl behinderte Kinder und Erwachsene deutlich häufiger von sexueller Gewalt betroffen sind als nicht behinderte Menschen", sagt Lilie.
Vor diesem Hintergrund bündelt die Tagung Perspektiven aus Ethik, Pädagogik, Medizin und Rechtswissenschaft auf die Thematik. Der erste Tag - Donnerstag, 29. September - richtet sich direkt an Menschen mit geistiger Behinderung: Es finden Informationsveranstaltungen zur sexuellen Selbstbestimmung und zu sexueller Gewalt in Leichter Sprache statt. In Workshops und Gesprächen sollen konkrete Bedürfnisse und Bedarfe ermittelt werden. Am zweiten Tag diskutieren Fachvertreterinnen und -vertreter über konkrete Fallbeispiele und wie Probleme möglichst konstruktiv, ohne Verbote gelöst werden könnten. "Wir wollen mit der Veranstaltung zu einem besseren Verständnis aller Beteiligten beitragen", sagt Lilie abschließend.
Veranstaltet wird die Tagung vom Interdisziplinären Wissenschaftlichen Zentrum Medizin - Ethik - Recht an der MLU.
Tagung: "Ge-/Be-hinderte Sexualität - Beziehungen unter Menschen mit geistiger Behinderung unterstützen, ermöglichen, begleiten, schützen"
29. und 30. September 2022
Aula im Löwengebäude
Universitätsplatz 11
06108 Halle (Saale)
Weitere Informationen unter: https://www.mer.uni-halle.de/813_iwz_mer/tagung_2022/