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Migration und soziale Ungleichheit in der Schule: MLU bietet neue Fortbildung für Lehrkräfte an
Thüringen hat laut dem aktuellen Integrationsmonitoring der Länder bundesweit den geringsten Anteil an Menschen aus Einwandererfamilien - gleichzeitig aber eine der höchsten Quoten an Jugendlichen aus Einwandererfamilien, die die Schule ohne Abschluss verlassen. "Ein Schulabbruch ist oft das Ende einer Kette von Diskriminierungs- und Ausgrenzungserfahrungen sowie struktureller Benachteiligung. Das erschwert es den Schülerinnen und Schülern, sich als Teil der Schule und der Gesellschaft zu empfinden und sich ihren Potenzialen entsprechend zu entwickeln", sagt die Psychologin Prof. Dr. Maja Schachner vom Institut für Pädagogik der MLU, die das neue Projekt leitet. Auch seien viele Lehrkräfte unsicher im Umgang mit ihren zunehmend vielfältigen Schulklassen. "Das erhöht das Risiko von Stress und Burn-out. Außerdem fehlt den Lehrerinnen und Lehrern das Rüstzeug, um diese besonders vulnerablen Gruppen in ihren Klassen gezielt zu unterstützen", so Schachner weiter. Manche hätten auch Angst, rassistisch zu wirken, wenn sie etwa soziale Ungleichheit, Diskriminierung oder den Familienhintergrund von Schülerinnen und Schülern thematisieren.
Hier setzt das neue Projekt von der MLU und der Universität Potsdam an: Zunächst erarbeitet das Team für die teilnehmenden Schulen eine Bestandsaufnahme, wie diese mit dem Thema bisher umgehen, sowie darauf aufbauende Entwicklungsmaßnahmen. Über ein Jahr verteilt finden dann spezielle Veranstaltungen und Workshops für Lehrerinnen und Lehrer statt. Als Teil der Fortbildung führen Lehrkräfte zudem das sogenannte Identitätsprojekt an ihrer Schule durch und werden dabei von den Forschenden begleitet. Die Idee ist, dass sich Schülerinnen und Schüler aktiv mit den vielfältigen Lebenswelten der Schülerinnen und Schüler, Mehrsprachigkeit sowie Ein- und Ausgrenzungsprozessen beschäftigen sollen. "Die Schülerinnen und Schüler sollen mit Hilfe verschiedener Materialien und Übungen darüber nachdenken, was ihre eigene Identität ausmacht, zu welchen Gruppen sie sich zugehörig fühlen und warum das so ist", so Schachner. Zahlreiche Studien hätten die Wirksamkeit des Identitätsprojekts bestätigt und gezeigt, dass es Schülerinnen und Schüler für Diskriminierung und soziale Ungleichheit sensibilisiert. Gleichzeitig stärke die Arbeit am Thema das psychische Wohlbefinden und sogar die schulische Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern aus Einwandererfamilien. In der Begleitstudie soll nun die Wirksamkeit untersucht werden, wenn das Unterrichtsprojekt durch Lehrkräfte statt ausgebildete Moderatorinnen und Moderatoren durchgeführt wird.
Die Idee für das neue Fortbildungsangebot haben die halleschen Forschenden in einem früheren Projekt entwickelt und bereits mit Lehramtsstudierenden an der MLU erprobt. "Die Studierenden fühlten sich nach dem Besuch dieses praxisorientierten Seminars besser gerüstet für den Umgang mit Migrationsthemen als Studierende, die ein reguläres Seminar zu diesem Thema besuchten", fasst Schachner zusammen. Mit dem neuen Angebot soll dieses Wissen auch für Lehrerinnen und Lehrer im Berufsleben zugänglich gemacht werden.
In den kommenden Monaten wird das Projekt in den Schulen vorgestellt, der Auftakt ist zum Ende der Sommerferien geplant. Im Rahmen der Förderung erhalten mehrere Einrichtungen aus Thüringen die Fortbildung und nehmen an der Begleitforschung teil. Zusätzlich steht das Angebot auch für ausgewählte Einrichtungen aus Halle und Potsdam offen.
Die Mittel für das Projekt stammen aus dem Europäischen Sozialfonds.