Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Rekonstruktion des kompletten Skeletts eines Diatryma-Laufvogels
Foto: Uni Halle / Markus Scholz
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Fossil-Fund in der Geiseltalsammlung: Forschende entdecken einmaligen Vogelschädel

Nummer 003/2025 vom 22. Januar 2025
Vor etwa 45 Millionen Jahren streifte der 1,40 Meter große Laufvogel Diatryma durch das Gebiet des Geiseltals im Süden Sachsen-Anhalts. Einen vollständig erhaltenen Schädel des Vogels präsentiert ein Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Senckenberg Forschungsinstitutes und Naturmuseums Frankfurt zusammen mit französischen Forscherinnen in der Fachzeitschrift "Palaeontologia Electronica". Das Fossil wurde in den 1950er Jahren im früheren Braunkohleabbaugebiet im Geiseltal ausgegraben. Weil es zunächst falsch zugeordnet war, fristete es bis zu seiner Wiederentdeckung ein Schattendasein. Weltweit gibt es ein ähnliches Schädelfossil nur noch in den USA.

Das Geiseltal in Sachsen-Anhalt, südwestlich von Halle gelegen, war bis 1993 ein Braunkohleabbaugebiet. Hier wurden zahlreiche außergewöhnlich gut erhaltene Tierfossilien geborgen. 50.000 Objekte umfasst die als nationales Kulturgut geschützte Geiseltalsammlung der MLU. Sie geben einen einzigartigen Einblick in die Evolution der Tiere und die Zeit des Eozäns vor rund 45 Millionen Jahren. Damals war das Geiseltal ein tropisch-warmes Sumpfgebiet. Hier lebten Urpferde, frühe Tapire, große landlebende Krokodile sowie Riesenschildkröten, Eidechsen und flugunfähige Vögel. Der größte Laufvogel war Diatryma, ein etwa 1,40 Meter großer Pflanzenfresser mit gigantischem Schnabel. 

Dass ein nahezu komplett erhaltener Schädel des Laufvogels zum Bestand der Sammlung gehört, war lange unbekannt. "Der Fund wurde zunächst fälschlicherweise als Krokodilschädel identifiziert", sagt Michael Stache, Präparator am Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen der MLU. Vor einigen Jahren stieß er zufällig wieder auf das Fossil, erkannte den Fehler und begann mit seiner Arbeit. Er restaurierte und untersuchte das Schädelstück. Durch das Zusammenfügen zweier zuvor getrennter Teilstücke konnte er einen nahezu vollständigen Schädel rekonstruieren. Anschließend untersuchte der Senckenberg-Forscher Dr. Gerald Mayr den Fund genauer und erkannte dessen große Bedeutung: Der Schädel gehört eindeutig zu Diatryma. Weltweit ist nur ein weiterer vollständig erhaltener Schädel bekannt, der im American Museum of Natural History in den USA liegt.

"Das zeigt einmal mehr, dass in der Paläontologie viele der interessantesten Entdeckungen in Museumssammlungen passieren. Noch vor wenigen Jahren hätte niemand gedacht, dass die Geiseltalsammlung derartige Überraschungen bereithält", sagt Gerald Mayr. Das wissenschaftliche Interesse an den Fossilien ist groß, berichtet auch Michael Stache. Immer wieder kommen Forschende aus dem In- und Ausland an die MLU, um die Exponate zu untersuchen. "Diese Forschungsarbeiten erweitern unser Verständnis vom eozänen Geiseltal, auch wenn die Grabungen längst abgeschlossen sind", sagt Michael Stache. Bis vor zehn Jahren ging man zum Beispiel davon aus, dass Diatryma Urpferdchen im Geiseltal jagte. Erst damals zeigten neuere Untersuchungen, dass der Vogel ein Pflanzenfresser war.

In der Geiseltalsammlung befinden sich rund 40 Objekte des Vogels. "Diatryma war im Geiseltal wohl eher ein seltener Gast. Ansonsten würde es vermutlich mehr Fossilien geben", sagt Stache abschließend.

Zur Studie: Mayr G, Mourer-Chauviré C, Bourdon E, and Stache M. Resurrecting the taxon Diatryma: A review of the giant flightless Eocene Gastornithiformes (Aves), with a report of the first skull of Diatryma. Palaeontologia Electronica (2024). doi: 10.26879/1438

Rekonstruktion des kompletten Skeletts eines Diatryma-Laufvogels / Foto: Uni Halle / Markus Scholz
Rekonstruktion des kompletten Skeletts eines Diatryma-Laufvogels / Foto: Uni Halle / Markus Scholz
Das nahezu vollständige Schädelfossil befindet sich in der Geiseltalsammlung. / Foto: Uni Halle / Michael Stache
Das nahezu vollständige Schädelfossil befindet sich in der Geiseltalsammlung. / Foto: Uni Halle / Michael Stache
 

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