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Dr. Jose ValdezDeutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung
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Kulturelles Erbe erhalten, Lebensräume schützen: Ehemalige Dorfstrukturen bieten Zufluchtsorte für Amphibien
In Portugal tragen die Strukturen verlassener Siedlungen zum Schutz gefährdeter Amphibienarten bei.
Im Peneda-Gerês-Nationalpark, Portugals erstem Schutzgebiet und einzigem Nationalpark, verschmelzen unberührte Ökosysteme mit traditionellen Dörfern, die seit Generationen bestehen. Während das ländliche Leben verblasst und viele dieser Dörfer weitgehend verlassen sind, bleiben die gemeinschaftlichen Wasserbecken, Steinbrunnen und Bewässerungskanäle, die einst das Dorfleben aufrechterhielten, erhalten.
"Angesichts des zunehmenden Drucks auf natürliche Lebensräume kann der Erhalt dieser vom Menschen geschaffenen Rückzugsräume für den Schutz gefährdeter Arten von entscheidender Bedeutung sein", sagt Dr. Jose Valdez von MLU und iDiv, der Hauptautor der Studie. Um festzustellen, ob die historischen Strukturen Amphibienpopulationen unterstützen könnten, untersuchte das Forschungsteam unter der Leitung von Jose Valdez und Prof. Dr. Henrique Pereira von iDiv und der MLU in einer Feldstudie 162 Gewässer in den Dörfern des Nationalparks, darunter natürliche Strukturen wie Teiche und Bäche, aber auch künstliche wie Wasserbecken, Brunnen und Bewässerungskanäle. Die Forschenden erfassten an jedem Ort die vorkommenden Amphibien sowie deren Brutaktivität, um den ökologischen Wert der Gewässer zu bewerten.
Historische Strukturen beherbergen eine überraschend große Artenvielfalt
Während natürliche Bäche und Teiche in der Regel eine größere Anzahl von Arten beherbergen, zeigt die Studie, dass auch die künstlichen Gewässer eine unerwartet wichtige Rolle für Amphibien spielen. Vor allem historische Steinbecken erwiesen sich als beliebte Lebensräume: In zwei Dritteln dieser Becken lebten Amphibien, ein Viertel wurde sogar als Brutstätte genutzt. Überraschenderweise beherbergten die Wasserbecken sogar eine größere Artenvielfalt als natürliche Gewässer. Die Forschenden wiesen zudem nach, dass endemische Arten wie der Marmormolch (Triturus marmoratus) und der Bosca-Molch (Lissotriton boscai) häufiger in den historischen Strukturen Eier ablegten als in den nahegelegenen natürlichen Teichen oder Bächen. "Im Gegensatz zu natürlichen Feuchtgebieten, die stark vom Klimawandel beeinflusst werden, bieten die künstlichen Becken eine stabile, sichere Umgebung für die empfindlichen Eier und Larven lokaler Amphibienarten", erklärt Jose Valdez.
Eine Ergänzung, aber kein Ersatz
Die Forschungsergebnisse unterstreichen zwar die ökologische Rolle künstlicher Gewässer im Peneda-Gerês-Nationalpark, doch das Team warnt davor, diese künstlichen Strukturen als Ersatz für natürliche Lebensräume zu betrachten. Natürliche Ökosysteme, insbesondere Ausbuchtungen in Bächen und Teiche, bleiben für viele Amphibienarten unersetzlich. So wurden beispielsweise der Iberische Frosch (Rana iberica) und der Feuersalamander (Salamandra salamandra) fast ausschließlich in natürlichen Gewässern gefunden. Künstliche Strukturen könnten jedoch in Gebieten, die von Landflucht, Trockenheit und Lebensraumverlust betroffen sind, als wichtiger Puffer dienen.
"In Peneda-Gerês ist die Landschaft auf seltene Art und Weise sowohl von der Natur als auch von Generationen von Dorftraditionen geprägt", sagt Henrique Pereira, Seniorautor der Studie und ehemaliger Direktor des Parks. "Unsere Ergebnisse zeigen, wie das kulturelle Erbe eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung der lokalen Amphibienpopulationen spielen kann. Indem wir solche von Menschenhand geschaffenen Strukturen gemeinsam mit den natürlichen Lebensräumen schützen, bewahren wir nicht nur das kulturelle Erbe, sondern sichern auch eine Zukunft für die Artenvielfalt in diesem Nationalpark."
Studie: Valdez J. W. et al. Traditional water structures in villages support amphibian populations within a protected landscape. Ecosphere (2025) doi: 10.1002/ecs2.70294