Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

ULB digitalisiert bedeutende Privatbibliothek aus dem Schloss Hundisburg

Nummer 125/2025 vom 16. Oktober 2025

Rund 3.500 Bände aus einer der bundesweit bedeutendsten Privatbibliotheken der Renaissancezeit werden zurzeit an der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt (ULB) digitalisiert. Die Werke aus der von Alvenslebenschen Bibliothek, einer Außenstelle der ULB im Schloss Hundisburg in Haldensleben, stehen anschließend online zur Verfügung. Bei den Arbeiten wurde ein seltenes Fragment eines medizinischen Werks aus der Antike entdeckt.

Die Bibliothek geht in wesentlichen Teilen auf eine Sammlung des Humanisten und Reformators Joachim I. von Alvensleben (1514-1588) zurück. Sie wurde 1579 geteilt, mehrfach verlagert und 2012 wieder in der Region ihrer Entstehung im nördlichen Sachsen-Anhalt zusammengeführt. Seitdem ist die private Bibliothek eine Außenstelle der ULB. 

Im Laufe des Digitalisierungsprojekts werden mehr als eine Million Seiten gescannt und bearbeitet. Überwiegend handelt es sich um Werke aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die noch nicht von einer anderen deutschen Bibliothek digitalisiert worden sind. „Wir machen die Bestände für die Wissenschaft leichter zugänglich“, sagt ULB-Direktorin Anke Berghaus-Sprengel – nicht nur, weil damit die Hürde der räumlichen Entfernung entfällt. Dank der durchgeführten Texterkennung und eines an der ULB entwickelten Verfahrens zur Überprüfung der so generierten Daten sind im Anschluss auch Volltextsuchen in den Digitalisaten möglich. Zudem wird detailliert die Provenienz der Bücher erschlossen und erfasst. 

In der von Alvenslebenschen Bibliothek sind Werke aus unterschiedlichen Bereichen zu finden – theologische ebenso wie juristische, geschichtliche oder naturwissenschaftliche. Bei der Neuerschließung gab es auch Entdeckungen: So stellte sich heraus, dass der Einband einer Sammlung von Druckschriften aus dem 16. Jahrhundert ein handschriftliches Fragment einer Schrift des Dioskurides, eines bedeutenden antiken Mediziners, der in der Zeit Kaiser Neros lebte, enthält. Von der lateinischen Übersetzung dieses Standardwerkes zu Arzneistoffen sind nur wenige Exemplare aus dem 8. und 9. Jahrhundert überliefert. „Der Fund in der von Alvenslebenschen Bibliothek erweitert diese um einen in der Forschung bislang nicht bekannten Textzeugen“, sagt Julia Knödler, Abteilungsleiterin Historische Sammlungen der ULB. 

Das Digitalisierungsprojekt läuft bis Ende 2027. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert es mit mehr als 800.000 Euro.

 

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